Gedichte

Letzte Änderung am Freitag, 2. Juni 2017 um 16:24:10 Uhr.

Gedichte von Bend Ruga



Spuren ins Jenseits


Als der Schnee das Land bedeckte
und Mutter Teig die Tochter weckte,
schien Vater Josef Anton Brot
- noch jung geblieben - fast schon tot.

Eine Katze grub sich leise ihre Pfoten
in den Friedhofbeeten über Toten,
nach satten Mäusen grabend
bis die Sonne sank im Abend.

Tausend Füsse traten Spuren
zur Fitnesspflege, um zu kuren,
alle stapften kreisend Runden.
Kein Fuss hat was empfunden.

Allein die Katze und ein Hund
setzten zeitlos aller Tage Stund
ihre Spuren unbeirrt nach vorn.
Josef Anton sah sich neu geborn.

Die andern treten heute noch an Ort.
Er spurte geradeaus und fort,
zielbewusst und losgelöst vom Kreisen
spürend mit den Füssen eines Weisen.


An der Bar

Hans Adam an der Theke stand,
als sein Bier im Schlund verschwand,
derweil ein andrer Gast beherzt
ausgelassen mit der Barmaid scherzt.
Ein Dritter sich um gar nichts scherte,
vereinsamt seinen Schnaps verleerte.

Den andern hat es tief geschmerzt
als er wortreich alles hat verscherzt,
derweil Hans Adam nicht verstand,
was sein Innres mit dem Bier verband.
Der Dritte flugs sich rücklings kehrte
und seine Leere sichtlich sich vermehrte.

Bei Hans Adam alles sich verband,
vom Herz, vom Bauche zum Verstand.
Der andere schlief amThekenrand.
Der Dritte bald sich wieder fand.
Hans Adam tief und ganz bekehrt
nach klarem Wasser nur begehrt.

Das Mädchen ging zurück aufs Land,
mit Herz, Schmerz und starker Hand.


Die Bremse

Auf seiner ungedüngten Wiese
lag rücklings Adam Riese,
als knallgefüllt die Bremse
von seiner stumpfen Sense
über seines Bartes Stoppeln kroch
und nach rotem Safte roch.

Tausend Halme dorrten.
Derweil Touristen schnorrten
zählt die Bremse gleichviel Stoppeln.
Und nach leisem Hoppeln
stach sie lüstern gern
mitten in den Augenstern.

Es kam kein Tropfen Blut
und in der Abendsonne Glut
sieht mit einem Auge Adam Riese
sich verklärt im Paradiese.
Bedeutsam schneidet nun die Sense
allen Bart, den Stachel auch der Bremse.

Als alles kahl darnieder lag,
erklang der Ostertrommelschlag.
Verwesend ruhte Adam Riese
in seinem Paradiese,
wo Blumen, Gräser blühten.
Fernab Sonnen ewig gühten.



Am Sitterstrand

Eines Morgens schlief am Sitterstrand
ein Esel mit geschlossnen Augen.
die Hütte seines Meisters stand in Brand.
Er schien für’s Feur nicht zu taugen.

Fast alles war verbrannt.
Zum verseuchten Wasser kam die Feuerwehr gerannt,
zwischen Gift und Feuer war der Esel nun verbannt.

Der dumme Esel hat begriffen,
dass Geschaffnes, Verseuchtes muss vergehn,
hat seine Augen zugekniffen
und ward’ lange nicht mehr gesehn.

Bis ein nicht verbranntes Wesen
des Esels Schreien hörte.
Wer wohl wen betörte,
vorbei, es ist gewesen.


Gedichte von Cedric Dander


Elementarer Heimgang


Weit entfernt, berührend und doch gnadenlos
platschte Wasser an mein nacktes Floss.
Mit trocknem Fuss ich auf dem Stamme stand,
sanft verschwommen grüsste noch der Strand.

Im Ozean des Alls verschwand mein Sein
und jeder Wassertropfen, noch so klein,
gebar sich aus der Menschen Tränen
bis zum lautlos trocknen Gähnen.

Luft und Wasser ohne Erde
ein einzig Schaf ohn' Hirt und Herde
und in der Sonne Untergang
zerstiebt im Wind ein letzter Klang.

Es winkt das Eiland Eden
ein Gedanke, ohne Worte, keine Reden.
Es hebt sich an in schlichter Einsamkeit
die tief ersehnte Ewigkeit.


Friedensuche

Sie liebt den Regenbogen
sanft und strahlend nass.
Sie hat ihn angezogen,
friedensnah beim Blumenfass.

Zünd jetzt etwas an,
was leuchtet all umher.
Zieh nichts mehr an,
Wie die Kerze Dich verzehr.

Eh der Docht zu Ende glimmt,
ist die Asche schon begraben.
Nichts mehr sich nach Liebe trimmt,
Totenstille, leere Waben.


Feministinnenslogan

Verdammt zu ständigem Gemotze,
ein zänkisch Weib zum Trotze
rein äusserlich sich liebvoll zierte
und herrschend matriarchisierte.
Dies ist die einzge Lebensart:
Mutter: Feministisch stark und hart.


Heilfasten

Dein flirtendes Gebiss ist hart,
sehr hart und dicht.

Deine Worte haben übersättigt,
bis zum Übergwicht.

Die Liebe ruft, doch kein Echowort.
Du fliehst ins Schweigen.

Die Alltagssorgen wieder fordern.
Sie lösen kurz, belasten neu.

Die Verschiebung auf die Ewigkeit
ist eine Flucht, ein Schweben.

Es ist jetzt an der Zeit,
in Gelassenheit und Treu
mit Heilfasten zu beginnen.



Gedichte von Arno Zünd


Wenn mit Konjunktiv


Wenn schlechthin alles flötete,
der Himmel unendlich sich entflöge,
der Fuchs die Hennen tötete,
die Sonne alles Wasser trocken söge.

Wenn sich jegliche Beziehung löste,
das erträumte Paradies entschwände,
kein Ding mehr schlafend döste,
der Verkäufer keine Kunden fände.

Wenn die Welt zusammenbräche,
kein Ton und kein Geschmack mehr reizte
kein Sehen, Fühlen Tasten was verspräche
und nichts im Dasein etwas geizte.

Dann wären wir gelöst allein,
hingebungsvoll im wahren Sein.
Bis der Fuchs mit seiner Flöte,
ein neues Lied zum Besten böte.

Doch Fuchs und Flöte keinen Ton erfänden,
weil keine Finger an den Pfotenhänden.
Dem Fuchse wir die Flöte nähmen
und Hühner wieder kämen
und in Stille neu Musik entstünde,
Töne zwischen Paradies und Sünde.

Die Moral davon ist relativ, naiv,
sei real, verlass den Konjunktiv.



AUFBRUCH

Wasserstropfen fallen auf das Meer.
Zweige neigen zu und weg im Wind.
Tränen rinnen auf die Seele.
Es wenden zu und ab sich Geist und Herz.

Überm Wasser zaubert ein Fee.
Am Waldrand schreit ein Rind,
trinkend Wasser in die Kehle.
Begegnung wird zu Spott und Scherz.

Im Gleichgewicht ein Vogel fliegt
durch Regen, Sonne, Luft.
Und über allen Feldern liegt
ein spielend warmer Duft.

Er verschwindet schwerelos in Wind und Licht.
Im All der Kampf, die Mächte, alles bricht.
Nirgends ein Gerede, kein Gericht.
Alles ewig, friedvoll ein Gesicht.



Der Wind weht nicht, wo er will

Über allen Köpfen herrscht ein Wind,
und keiner spürte es im Grind.
Verborgen, verschlossen und halbstarr
wird ein Tor doch nicht zum Narr,
der öffnend sich bewegen liesse.

Über allen Köpfen herrscht nun Ruh,
vertan hat sich der Geist im Nu.
Der Wind verliert sich just im Sand,
beträufelt Menschen noch am Strand,
angenehm und kühlend leicht.

Wenn der Wind, das Wasser uns verliesse,
wär nichts und alles schon erreicht.

Gedichte von Pius Bont


Heimweg

Als mich flugs der Heimweg fragte,
warum ich den Augenblick verlasse,
trank ich nochmals aus der Tasse,
an der schon mancher nagte.

Der Heimweg war verschwunden
fernab auf Jenseitsbahnen,
es regte sich ein Ahnen,
alles leer und unumwunden.

Keine Antwort, keine Frage
nichts bewegt sich noch einmal,
kein Trost und keine Qual,
schwerelos in jeder Lage.

Sie ist vorbei, die Zeit,
alles steht und schweigt,
kein Mensch mehr geigt,
offen ist der Raum, in Ewigkeit.


Frau Weit und Herr Eng

Elvira Mara Weit, geborne Henzen
lag rücklings auf dem Bodengrund.
Sinierend: Nur ohne Ziel und Grenzen
bleibt mein Wesen lang gesund.

Fernandes Remo Eng auf einem Montainbike
trampte wie ein Aff bergauf und hauchte:
Nur einen Gipfel, that’s I like,
nichts mehr sonst ich brauchte.

Auf des Gipfels Spitze, schlaff, fast tot,
dacht’ er bei Wasser, etwas trocknem Brot
an Elvira Mara, seine alte Liebe
und was wohl jetzt sie triebe.

Sich ganz verlierend schlief er ein.
Nahtlos enthob es ihn vom Berg,
immer kleiner werdend wie ein Zwerg,
wähnend bald am Ziel zu sein.

Elvira Mara vergass sich ziellos weit
beim Schuften, vielen Liebestaten,
verliess die Freunde, zahlte Raten,
beschwor noch Liebe, Hass und Streit.

Dazwische stach ein starkes Sehnen
ein Loch in ihren Atem, ihren Bauch.
Sie begann sich weit zu dehnen.
Dann verstarb sie, ausgeflogen, auch.

Gedichte von Pedro Kunz


Worte auf den Weg


Geh doch Deines Weges
halt nicht die Liebe feil.
Jenseits dieses Steges
wirkt Gnad und Heil.

Nur mit Augen, mit der Seele
schweife über Hügel, über Stege.
Ein starkes Lied aus unsrer Kehle
gibt Boden, störend wären Wege.

Auf dem Urgrund, weit entfernt von Dir
wird jeder Augenblick zum Sein,
und alles nah bei Dir und mir
verbindet ewig Dein und mein.


Zur Vollendung

Wenn Haare blühn und Tränen nähren,
Wenn Worte lauschen und Ohren flüstern,
Wenn Spiele flirten und Träume gelten,
dann ist Vollendung, Liebe, Frieden nah.

Nachdem der Hund laut und stark gebellt:
Was willst Du Klagewelt,
hob an die alte Jammertante
auf der Mitte ihrer Lebenskante
ein verdammtes Stöhnen,
um alles selbstlos zu verhöhnen.
Wieder begann der Hund zu bellen,
und als dieses Kläffens Wellen
drangen an das Katzenohr
bis die erschrockne Jammertante
sich bis ins Nichts verannte
und jede Äusserung verlor.

Extreme

Du sprichst und Du schweigst,
Du bist traurig und Du freust Dich,
Du umgibst Dich mit Freunden und kannst allein sein.
Du liebst und fliehst den Hass, der aus Dir ausbrechen will,
der von andern und aus Dir zufliegt.
Du hast Angst, Liebe gewähren zu lassen,
weil Du Dich sonst zu verlieren glaubst.
Du umklammerst die andern und Dich selbst,
bis Du erstickend im Tod geboren wirst.